Beschwerlicher Weg über die Pyrenäen: Dorf Hecho bei Jaca.
Jakobsweg - Camino de Santiago
In den Pyrenäen beginnt der spanische Abschnitt
Feige als Wegzehrung
Jahr für Jahr machen sich Tausende von Pilgern aus aller Welt auf, um sich jenseits der gewohnten Zusammenhänge ihres Alltagslebens ausschließlich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sie wollen dabei innerlich reicher werden oder das Abenteuer der Auseinandersetzung mit sich selbst, mit der eigenen Kraft und der eigenen Schwäche bestehen. Ganz bewusst suchen sie die körperliche Anstrengung und den Verzicht auf jeglichen Luxus. An seine Stelle tritt die Begegnung mit der Natur und nicht zuletzt mit den Menschen, die sich ebenfalls auf den Weg gemacht haben. Viele Jugendliche und junge Erwachsene sind darunter. Abgesehen von den Spaniern kommen die meisten aus Deutschland. Die Strapazen der allein auf spanischem Boden rund 800 Kilometer langen Tour nehmen keineswegs nur Männer auf sich: Etwa 42 Prozent der Pilger sind Frauen.
Wegbeschreibung aus dem Mittelalter
Eine Steinbrücke im aragonesischen Städtchen Puente la Reina überspannt den Río Arga dort, wo nach Überquerung der Pyrenäen zwei der wichtigsten Wege auf einander treffen: die Route vom Somport-Pass her und die Route aus Roncesvalles. Aymeric Picaud, ein Geistlicher aus dem Poitou, hat über den Jakobsweg (span. Camino de Santiago) den ersten Reiseführer überhaupt verfasst. Er wurde 1130 in lateinischer Sprache veröffentlicht. Ab Puente la Reina, so Aymeric, bilden die beiden Wege „einen einzigen Weg bis nach Santiago“. Als inländischer Weg verläuft der Camino quer durch fünf spanische Regionen: Aragón, Navarra, La Rioja, Kastilien-León und Galicien. Die Nordküste entlang führt eine weitere Route über San Sebastián, Bilbao, Santander, Oviedo und Lugo ans Ziel.
Auf dem Ibañeta-Paß oberhalb von Roncesvalles in den Pyrenäen markiert die San-Salvador-Kapelle einen Anfangspunkt auf dem Camino francés genannten spanischen Hauptweg. In einen Erdhügel haben Pilger grob aus Stöcken zusammengefügte Kreuze gesteckt. Sie sind ein Zeichen der Dankbarkeit dafür, glücklich auf spanischem Boden angekommen zu sein. Ein Stückchen unterhalb zweigt links von der Straße ein Fußweg ab. Er führt durch lichte Mischwälder nach Roncesvalles. Inmitten idyllischer Hügel gelegen, bietet das Kloster Jakobspilgern noch heute freie Unterkunft. Auch der Pilgerpass ist dort erhältlich, in den nach jeder Etappe ein hübsch gestalteter Stempel als Nachweis eingetragen wird.
In der Herberge von San Juan de Ortega nahe Burgos treffen wir Georg aus Mannheim, der schon seit eineinhalb Wochen unterwegs ist. Er zählt zu den eher weltlich eingestellten Pilgern: "So eine existentielle Grundübung gibt es ja in allen Religionen, aber dass gleich etwas Außergewöhnliches passiert, wäre glaube ich zu viel erwartet." Ihn fasziniert eher die zwischenmenschliche Seite. Nahe Logroño beispielsweise ist er Doña Felicia begegnet, die "am Straßenrand unter einem Bäumchen sitzt, jedem vorbeikommenden Pilger eine frische Feige schenkt und ihr eigenes Siegel vergibt." Er blättert im Pilgerpaß und zeigt einen Stempel in Form eines Feigenbaums. "Egal, ob man das Ganze kulturell, religiös oder sportlich sieht, es wird alles akzeptiert, und das ist eigentlich eine wunderbare Haltung", fügt er hinzu.
Seine Anziehungskraft bezieht der Camino de Santiago zum großen Teil aus der Jahrhunderte alten Tradition, die zurückreicht bis ins Mittelalter. Zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert machten sich pro Jahr rund 500.000 Pilger nach Spanien auf. Ihr Erkennungszeichen war die Jakobsmuschel, wie sie entlang des Camino de Santiago auf allen Wegmarken prangt – auch in der Oberpfalz.
Auch Heiden folgen dem Muschel-Emblem
Janusköpfiger Apostel
Der Jakobsweg in Spanien