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Regensburg: Grabungen auf dem Neupfarrplatz
Das Puzzle der Geschichte zusammensetzen
Geldwert nicht so wichtig

Das, wovon (fast) jeder träumt, passierte der Amberger Kunsthistorikerin Marianne Schmidt in ihrer Wahlheimat Regensburg. Auf dem Neupfarrplatz fand sie am 27. August 1996, vor genau zehn Jahren also, einen Schatz. Das sieben Zentimeter hohe Tontöpfchen, hergestellt in Prebrunn westlich der Stadt, fiel ihr samt 224 Goldmünzen regelrecht in die Hände.
Aber der Reihe nach: Zwischen 1995 und 1997 wurde auf einem Areal von rund 3.000 Quadratmetern der Neupfarrplatz aufgegraben. Eine so große Fläche hatte man in Regensburg bis zu diesem Zeitpunkt noch nie untersucht. Alle beteiligten Archäologen wussten, dass sie im Untergrund auf die Reste des jüdischen Viertels aus dem Mittelalter stoßen würden, aber auch auf einen Luftschutzbunker aus den 1930er Jahren. An ihren Fund, aber auch an die besonderen Umstände der Grabung auf dem Neupfarrplatz kann sich Marianne Schmidt noch genau erinnern.

SP: Was ist das für ein Gefühl, wenn man so einen Schatz findet?
Schmidt: Ein schönes (lacht). Aber das ist bei allen Sachen so, und da ist Gold wirklich nicht das Wichtigste. Wenn du ein komplettes Töpfchen findest, dann freust du dich genauso. Gold gab es in Regensburg tonnenweise. Die Runtingers, die in dieser Zeit groß geworden sind, hatten allein in ihrer Prager Niederlassung einen Gewinn von 2.000 Gulden. Wir haben gerade einmal 600 gefunden.
SP: Du wirkst ja noch recht begeistert, auch nach zehn Jahren.
Schmidt: Das ist auch super spannend, wenn du ein Viertel, das vor 500 Jahren verschwunden ist, wieder frei legst, dir wieder anschauen kannst, und auch das Leben dort ein Stück weit rekonstruieren kannst. Du hast die Häuserfluchten, du hast die Gassen, ein paar Brunnen, auch den Brunnen des Badehauses. Da wird so ein Viertel mit ein bisschen Fantasie schon wieder lebendig.
SP: Das war ja einmal das jüdische Viertel.
Schmidt: Das sind alles Keller des jüdischen Viertels. In Regensburg war 1519 die letzte große Vertreibung einer jüdischen Gemeinde in Bayern. Zuvor bestand immer eine relativ friedliche Koexistenz, eine ganz gute Kooperation. Regensburg ist Freie Reichsstadt und untersteht direkt dem Kaiser. Die Juden gehören dem Kaiser, sind Reichskammerknechte. Wenn man eine Gemeinde vertreiben wollte, musste man zuerst den Kaiser fragen. Der ließ sich das bezahlen, weil es ja ein finanzieller Verlust für ihn war. So funktionierte Judenschutz.

"Im September 1381 trat die Reichsstadt Regensburg dem im Juli 1376 von 14 Reichsstädten in Schwaben gegründeten Schwäbischen Städtebund bei. Ziel des Bundes war u. a. die Erhaltung der Reichsunmittelbarkeit der Mitglieder und die Sicherung der erworbenen Rechte gegenüber dem Fürsten." (aus: "Der Goldschatz vom Neupfarrplatz - Ein spätmittelalterlicher Münzfund in Regensburg", Museen der Stadt Regensburg, Historisches Museum 1997)


SP: Es waren ja mehrere Töpfe, die alle zu demselben Schatz gehörten.
Schmidt: Ich habe den dritten Topf gefunden. Zwei Töpfe sind praktisch beim Ausheben einer gestörten Fläche für eine Traffostation neben dem Bunker vom Bagger zerdrückt worden. Das ist ein Ringbunker, und wir haben den Bauschutt, der da 1939 hineingeworfen wurde, vorsichtig und unter Beobachtung vom Bagger herausnehmen lassen. Dabei ist der Baggerfahrer anscheinend ein kleines Stück zu tief gekommen und auf die Münztöpfchen gestoßen. Wenn man sich das überlegt: Die Nazis haben beim Bunkerbau etwa 20 Zentimeter an diesem Schatz vorbei gegraben.
SP: Wo ist der Schatz genau gefunden worden?
Schmidt: In der Woche nach dem ersten Fund habe ich noch einmal genau nachgeschaut: Wie ist der Fußbodenaufbau an der Stelle? Wieso kommen genau in der Ecke, in diesem Verhau, Münzen raus? Dabei habe ich dann den dritten Topf gefunden, der mir praktisch direkt in die Hand geplumpst ist. Es ließ sich dann sehr genau klären, dass alle drei Töpfchen unter einem mehrfach umgebauten Treppenaufgang im gestampften Lehmboden vergraben worden waren.
SP: Der Schatz ist im Historischen Museum ausgestellt. Welche Schlüsse lassen sich aus dem Münzfund ziehen?
Schmidt: Der Fund lässt sich auf Grund der Münzen in etwa auf die Zeit des Städtekriegs datieren. Es waren unsichere Zeiten, denn die Städtebünde kämpften gegen die Fürsten. Wahrscheinlich wurde der Schatz deshalb vergraben. Die Identität des Besitzers ist nicht geklärt, aber er war verhältnismäßig reich und hätte sich von dem Geld ein großes Haus kaufen können.

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Goldtopf-Fund Neupfarrplatz
Münzen als Zeichen der Zeit

UNESCO-Weltkulturerbe
Regensburg als Fundgrube

Dani Karavan in Regensburg und Nürnberg
"Environment"

Exkurs:
Dani Karavan in Portbou