Stadtmuseum Amberg, Prechtl-Kabinett
Schriftstellerportraits von Michael Mathias Prechtl
Teil 1: Oskar Maria Graf (1894-1967)
Zwei Portraits von Oskar Maria Graf sind im Prechtl-Kabinett (Stadtmuseum Amberg) ausgestellt. Gemeinsam ist ihnen nur die obligate Lederhose. Ihr ist der Schriftsteller aus Bayern sogar im New Yorker Exil treu geblieben. Ansonsten könnten die beiden Portraits unterschiedlicher nicht sein. Weit nach vorne gebeugt, mit herausforderndem Blick auf den Bertachter, so präsentiert sich Graf auf dem Original-Portrait von Michael Mathias Prechtl. Gleich daneben hängt der Entwurf zu einem Plakat, ebenfalls von Prechtl, das 1994 für die Oskar-Maria-Graf-Ausstellung im Münchner Stadtmuseum warb. Es trägt den Titel „Verbrennt mich“. Judith von Rauchbauer, Leiterin des Stadtmuseum, nimmt Stellung.
„Wie in allen Bildern von Michael Mathias Prechtl ist das Portrait sehr weit nach vorne genommen. Es gibt keine Tiefenwirkung und keinen Hintergrund, der auf die Person verweist. Meistens hat er ja auf altem Papier gezeichnet, sehr gern auf Büttenpapier. Das gibt den Hintergrund. Ansonsten sind keine Hinweise auf einen Raum vorhanden, in dem die Person steht. Es geht immer um die Person selbst.
Oskar Maria Graf ist als eine sehr kräftige Person abgebildet. Er hat gar nichts von einer sensiblen, feingliedrigen Künstlerpersönlichkeit. Er ist so der Bayer, wie sich ein „Fremder“ einen Bayern vorstellt. Trotzdem verkörpert er nicht das klischeehaft Bayerische oder das Lederhosen-Seppl-Klischee, also keine Volkstümelei. Für mich ist das eher das positive Bayernbild: die wachen Augen, das Zupackende von den Armen oder von der Kopfhaltung her. Er schaut den Betrachter zwar an, aber es ist kein sturer Gesichtsausdruck.
Das Plakat zur Münchner Ausstellung zeigt Graf als Schriftsteller mit Füller in der Hand. Sein Kopf und das brennende Buch bilden eine Einheit, passend zum Titel „Verbrennt mich“. Der Gesichtsausdruck ist hier sehr kritisch und leidgeprüft, ja vom Leben gezeichnet. Das hängt mit der Bücherverbrennung durch die Nazis zusammen und mit dem Exil. Wenn das Werk eines Schriftstellers verbrannt wird, wird er praktisch mitverbrannt. Das ist ja auch beabsichtigt, dass der Schriftsteller in seinem Dasein, in seiner Existenz ausgelöscht wird, weil niemand mehr was von ihm hören kann. Das Exil ist für einen Schriftsteller noch schlimmer als für einen Bildenden Künstler, glaub ich. Die Muttersprache ist ja sein Handwerkszeug."
Exkursionen auf den Spuren von Oskar Maria Graf am Starnberger See unter
www.lit-spaz.de, dort zu finden unter Exkursionen/“Wellen, Wind und Dorfbanditen – Literarische Erkundungen am Starnberger See“ (leider erst wieder 2007!); als gleichnamiges Buch erschienen bei Diederichs 1995, 4. Aufl. 2003, 328 S. für 18,90 Euro, ISBN 3-424-01242-4
In seinem autobiografischen Roman „Wir sind Gefangene – Ein Bekenntnis“ (dtv 1480) verarbeitet O. M. Graf seine Kindheits- und Jugenderinnerungen. Graf, geboren in Berg/Starnberger See, erlebte den Ersten Weltkrieg, die Schwabinger Boheme und die Münchner Räterepublik. 1933 ging er ins Exil, 1938 schließlich nach New York, wo er 1967 starb.
Den Wirren seiner Zeit begegnete Graf mit Neugier, Leidensbereitschaft und dem Mut zur Veränderung. Sein frischer, unvoreingenommener Blick schlägt sich nieder in der bodenständigen und dabei fesselnden Art zu erzählen. Graf war im besten Sinn des Wortes ein Radikaler, einer also, der sich aus seinen eigenen Wurzeln heraus definierte und sich so trotz aller Irrwege ein Leben lang treu blieb. Seine bayerische Lederhosen-Tracht, die er selbst in New York nicht ablegte, gilt dafür als Symbol.