...und sein Verleger
Michael Krüger
Hanser Verlag
Michael Krüger, Mitbegründer der „Akzente“ und seit 20 Jahren Geschäftsführer des Hanser Verlags, entspannt sich beim Rundgang durch die Ausstellung „Der Autor und sein Verleger“, die bis Februar im Literaturarchiv zu sehen war. In einer der Vitrinen fallen die eng beschrifteten Briefbogen des Oberpfälzers Walter Höllerer auf. Es geht um Details, und zwar sehr genau. In der Zusammenarbeit zur Literaturzeitschrift „Akzente“ (Hanser Verlag, seit 1953) hat es zwischen Herausgeber Höllerer und Verleger Carl Hanser, die Aufteilung der jeweiligen Kompetenzen betreffend, nicht selten gehakt. So verfasste Hanser zwar höfliche, aber leicht indignierte Antwortschreiben.
Szenenwechsel: Soeben hat der türkische Nobelpreisträger Orhan Pamuk aus Sicherheitsgründen seine vom Hanser Verlag organisierte Deutschlandreise abgesagt – ein Politikum in der Folge des Mords an dem türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink (vgl. www.tagesspiegel.de), das Krüger in den letzten Tagen viel Rummel mit den Medien einbrachte. Der Stress ist ihm nicht anzusehen. Von der Weltpolitik zum Regionalen umzuschalten, gelingt ihm offenbar spielend. Ob die Oberpfälzer wohl ziemlich stur sind? fragt SP mit Blick auf Höllerers Nachlass. „Er war sehr lieb“, findet Krüger. Ob die Oberpfälzer wohl stur und lieb sind? Krüger nickt amüsiert.
Als Ausstellungsstück findet sich eine Postkarte an Akzente-Herausgeber Höllerer, und zwar mit Grüßen Hansers aus dem Urlaub am Meer. Der Umgangston bleibt verbindlich. Schließlich sind beide Profis im Literaturbetrieb, und das bedeutet auch, im Dienst der Sache zusammenzustehen. Diese Fähigkeit hat sich der Hanser Verlag – soeben zum Verlag des Jahres gekürt – bis heute erhalten. Kaum anders ist es zu verstehen, wenn Erfolgsautor Wilhelm Genazino (u. a. „Die Liebesblödigkeit“, neu: „Mittleres Heimweh“) Krügers Haus über den grünen Klee lobt.
Auf die Frage aus dem Publikum, was einen guten Verlag ausmacht, stellt Genazino fest: „Ein Verlag wie der Hanser Verlag ist in allen Etagen sehr gut besetzt. Man hat es mit kompetenten Menschen zu tun. In anderen Verlagen wird man einfach vergessen.“ Hanser hat auch ältere Titel Genazinos wie die Roman-Trilogie "Abschaffel" wieder aufgelegt: „Man muss da einen Verlag haben, der das auch riskiert“, sagt der Autor. Ohne Hanser wäre Genazino womöglich durch die Raster des deutschen Literaturbetriebs gefallen – so entscheidend wirkt sich das sensible Zusammenspiel zwischen Autor und Verleger aus.
Auf dem Podium witzelt Krüger über ein Portraitfoto in der Ausstellung, das ihn in jüngeren Jahren zeigt. Es dürfte aus der Zeit stammen, als der Hanser Verlag in der Münchner Seidlvilla sein ambitioniertes Kinder- und Jugendprogramm vorstellte, darunter „Sofies Welt – Roman über die Geschichte der Philosophie“ von Jostein Gaarder (1993). Ungewöhnlich aufwändige Illustrationen, u. a. von Rotraut Susanne Berner und Quint Buchholz, prangten auf den Umschlägen. Die Bilderbücher („Ist jemand da? Sieben Kaninchen!“): Ganz einfach allerliebst! Selbst der Katalog bildete in seiner Detailverliebtheit eine Ausnahmeerscheinung, so dass er sich noch heute – nach immerhin 14 Jahren – im Archiv von SP befindet. „Die ersten zehn Titel haben wir lange bebrütet“, bekennt Krüger im Vorwort zum Katalog.
Was an Verleger und Autor Michael Krüger schon immer faszinierte, ist seine Stimme, dazu natürlich seine Eloquenz, die er genüsslich selbst demontiert, etwa wenn er gerade zum Ausschweifen über die lange historische Verbindung Litauens zu Deutschland angesetzt hat. Darüber könnte er natürlich leicht ein, zwei Stunden erzählen. Natürlich könnte er. Tut er aber nicht. Denn ein guter Redner hält Maß und sein Publikum stets im Blick.