St. Martin
Größte Hallenkirche der Oberpfalz?
Ehrentitel Päpstliche Basilika
„Geistliches Amberg“ heißt eines der Kapitel im neuen Bildband Amberg, der pünktlich zur Weihnachtszeit erscheint. Zusammen mit Dr. Johannes Laschinger, Leiter des Stadtarchivs Amberg, hat sich SP im weiten Feld der Sakralarchitektur umgeschaut.
Kennzeichen einer Hallenkirche ist, dass die Seitenschiffe zumindest annähernd so hoch sind wie das Mittelschiff. Bei St. Martin in Amberg handelt es sich laut
www.bistum-regensburg.de um die zweitgrößte Kirche der Oberpfalz nach dem Dom St. Peter in Regensburg. St. Peter entspricht aber dem Bautypus einer Basilika (s. u.). Somit liegt die Vermutung nahe, dass St. Martin die größte Hallenkirche der Oberpfalz ist.
SP: Herr Laschinger, lassen Sie uns ein bisschen Licht ins Dunkel der Amberger Kirchen St. Martin und St. Georg bringen und in die Begriffsverwirrung, die da offenbar herrscht. Wir haben da zwei Basiliken, aber eine davon ist es nur dem Namen nach. Welche?
Laschinger: Die Situation ist die, dass man unterscheiden muss zwischen dem Bautypus der Kirchen und etwaigen anderen Bezeichnungen bzw. Titeln. Also vom Bautypus her ist die Kirche St. Georg eine hochgotische Basilika mit ganz klar geschiedenen Seitenschiffen, während es sich bei der ab 1421 errichteten Kirche St. Martin um eine klassische Hallenkirche mit entsprechendem Emporenumgang handelt.
Die Katholische Kirche hat in den vergangenen Jahrzehnten besonders ausgezeichneten Kirchenbauten den Titel einer so genannten Päpstlichen Basilika verliehen, und das ist auch im Fall von St. Martin so. 1980 hat St. Martin unter dem Vorgänger des jetzigen Papstes den Titel einer Päpstlichen Basilika bekommen. Seitdem geht das offenbar ein bisschen durcheinander, dass man nicht mehr unterscheidet zwischen dem Ehrentitel, den die Kirche inzwischen trägt, und dem, was die Kirche architektonisch, also von der Bausprache her, darstellt.
SP: Und wie ist ausgerechnet St. Martin dazu gekommen, zur Basilika erhoben zu werden?
Laschinger: Man hat in den verschiedenen Bistümern Kataloge erarbeitet. Im Fall von Amberg hätte man genauso auf St. Georg kommen können, aber der Hauptakzent liegt im Fall von Amberg eben auf St. Martin als d e r herausragenden Kirche, wobei man sich natürlich kunstgeschichtlich darüber streiten könnte, ob St. Martin im Rang vor St. Georg liegt. Das Besondere an St. Martin ist der geschlossene Emporenumgang. Es gibt ja auch in anderen Städten gotische Hallenkirchen, etwa die St.-Martins-Kirche in Landshut oder St. Jakob in Straubing, die aber einen solchen Emporenumgang über den Seitenkapellen nicht kennen. Da kann man zwar die Empore betreten, es ist aber kein in sich geschlossener Umgang. Das gibt es an sich nur in der Sächsischen Bergwerksgotik wieder, etwa im Dom von Freiberg. Dieser Sachverhalt deutet auch darauf hin, dass es Verbindungen gegeben hat zwischen Amberg als Bergwerksstadt und diesen sächsischen Städten.
SP: Geschlossener Umgang heißt, dass man praktisch den Kirchenraum auf der Empore umrunden kann?
Laschinger: Genau.
SP: Jetzt ist der Bautypus manchmal etwas schwierig auszumachen, und zwar wegen der Hochwand zwischen dem Hauptschiff und den Seitenschiffen. Man muss schon genauer hinschauen, um festzustellen, ist das jetzt eine Hallenkirche oder nicht doch eine Basilika. Den Unterschied machen ja die Fenster.
Laschinger: Die Fenster befinden sich bei der Basilika innen über den Seitenschiffen.
SP: Von dort kann das Licht direkt in das Hauptschiff einfallen. Das ist eigentlich der Sinn der Sache, dass man damit einfach mehr Helligkeit erzeugt.
Laschinger: Dadurch ist eine Basilika von Haus aus wesentlich heller als zum Beispiel eine romanische Kirche.