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Verleger-Ehepaar Ammann-Flammersfeld im Literaturarchiv 2007.
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Ismail Kadare (rechts) mit Übersetzer Joachim Röhm.

5 Sinne: Hören
"Der Raub des königlichen Schlafs"
Lesung mit Ismail Kadare

Ismail Kadare: "Der Raub des königlichen Schlafs", erschienen bei Ammann, Zürich 2008.


Ismail Kadare, ausgestattet mit einem Tunnelblick, der bis in die (Un-)tiefen des kollektiven Gedächtnisses reicht, gab sich Mitte November im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg die Ehre. Schon klar: Er ist Künstler. Da ist Textanalyse fehl am Platz – der Autor die falsche Adresse. Eine fast schon greise Zuhörerin zischt: „Sie haben zu viel gelesen.“ Kann sein, aber aus dem Glauben an „absolute Dichtung“, so benannt von dem expressionistischen Autor Gottfried Benn – haben wir uns tapfer heraus gearbeitet, den Terminus auseinander genommen an Hand des verinnerlichten Kommunikationsmodells, wonach es Sender, Medium und Empfänger eigentlich immer gibt. Dazu noch dieses ganze kulturelle Wissen, das all überall auf den Tannenspitzen im Blätterwald blinkt und blinzelt und im Hintergrund mitschwingt…
Das Medium, in diesem Fall ein Text, stand im Mittelpunkt der Lesung von Ismail Kadare. Zu hören war zunächst eine Passage aus dem neuen Buch „Der Raub des königlichen Schlafs“, gelesen vom Autor. Wie das Griechische und das Armenische sitzt diese Sprache auf einem eigenen Zweig. Angeblich ist sie gar nicht kompliziert, da – etwa im Vergleich zum Deutschen – sehr regelmäßig, sagt Übersetzer Joachim Röhm. Die Aussprache allerdings hat es in sich.
Kadares in jeder Hinsicht rekordverdächtiges Erzählen strotzt vor Dichte an Erzählebenen, Bezügen sowie natürlich Symbolen und Metaphern. Das sagen wir ihm auch noch mal, beim Signieren – kein Kommentar. Stattdessen malt er seine Unterschrift weit geschwungen aufs Deckblatt. Wieso auch nicht? Bei Lateinamerikanern wie Gabriel García Márquez und – ganz anderes – Jorge Luis Borges nimmt man ihn dankbar hin, den magischen Realismus, und zwar als wohlfeilen Ausgleich zum allgegenwärtigen Zweckrationalismus. (Was hat die deutsche Literatur da zu bieten? Höchstens Hermann Hesse, der als Rhapsode im Sinne Döblins spätestens beim „Glasperlenspiel“ unterlag; Anm. d. Red.).
Aber ein Albaner? Inzwischen ist ja durchgedrungen, dass Albanien in Europa liegt. Einer von uns also. In Zeitungen ist vom „letzten Geheimnis“ die Rede, das jenes Land, eingekeilt irgendwo zwischen Italien, Griechenland und diversen Balkanstaaten, angeblich birgt. Kann sein. Wäre ja auch irgendwie ungemütlich, so ein Europa ganz ohne Geheimnis.

"Der Raub des königlichen Schlafs"
Lesung mit Ismail Kadare 1

"Der Raub des königlichen Schlafs"
Lesung mit Ismail Kadare 2