Logo
 
_ _ _ _ _ n _
picture
Wo gibt es das schon? Tannenwäldchen auf dem Weg zum Mittelpunkt.

5 Sinne: Riechen
Zum Mittelpunkt Europas
Tannenbäume an der Grenze

Der „Totentanz“ der Skelette in der gleichnamigen Kapelle in Wondreb ist derzeit abgehängt. Das Gebäude befindet sich in Totalsanierung. Dafür entdecken wir einen Grabstein, auf dem der Name Fritsch massiert auftaucht. Es ist – nebenbei bemerkt – der schönste auf dem Friedhof, der Gegend gemäß in grauem Granit, während sich die übrigen in dunkel glänzendem Marmor gefallen.
Also: Diesen Samstag kein Gang zum Markt, um mit einer selbst gebratenen Ente baldiges Martini-Fest einzuleiten, sondern ein mittäglicher Zwischenstop in Neualbenreuth, wo die Gaststätte „Kleine Kappel“ Entenbrust serviert. Frisch gestärkt durchwandern wir von Altmugl aus einen mit Fliegenpilzen gespickten Märchenwald. Die sommerlichen Temperaturen von vor drei Wochen haben auch noch andere Schwammerl schießen lassen: Reizker, Maronen, Goldröhrlinge en masse säumen den Schotterweg und arbeiten sich sogar durch die Steine. Schade nur, dass der zeitige Frost sie alle zermatscht hat. Im letzten Drittel passieren wir die Schneegrenze. Neben Katzengold schimmern Eiskristalle. Als Auftakt zur Vorweihnachtszeit säumen linker Hand Tannenbäume den Weg, die zusammen mit den Pilzen um die Wette duften. Seidiges Grün überspannt unseren Pfad, der auch von Schmugglern stammen könnte, da er genau entlang der Grenze verläuft. Die Schilder mit der Aufschrift „Pozor“ wurden anscheinend einfach nur umgedreht. Sollen sie jetzt vorm Betreten bundesdeutschen Gebietes warnen? Komisch.
Noch 500 Meter bis zum Mittelpunkt des Kontinents, besagt ein weiteres Hinweisschild inmitten farbenfroher Markierungen. Dann, mitten im Wald, präsentiert wie auf einem Altar, einer heidnischen Kultstätte ähnlich, eine Europakarte, teils in Gold und Lapislazuli, teils in frischem Algengrün. Diverse Geraden spannen sich Richtung Tillenberg, dorthin, wo wir jetzt stehen und staunen. Immerhin: Johann Wolfgang von Goethe hat es bis hier angeblich nicht geschafft. Er soll Halt gemacht haben auf einem weiter entfernten Felsen, um sich vom Fußvolk Bericht erstatten zu lassen. Sonderlich gut zu Fuß war der Geheime Rat offenbar nicht, denn die Wanderung von Altmugl aus misst gerade einmal drei Kilometer, sechs Kilometer also hin und zurück, so dass sie sich auch für Senioren eignet. Zur Besichtigung weiterer Bäume empfehlen sich Kohlberg und Neustadt a. d. Waldnaab.

Seit den 1980er Jahren schon behauptet Werner Fritsch seine Stellung im deutschen Literaturbetrieb. Am 24. November liest er zusammen mit Bernhard Setzwein in Prag („Das Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg zu Gast im Prager Literaturhaus“, vgl. http://www.literaturarchiv.de).

picture
Mit insgesamt sechs Kilometern ist die Wanderung auch für Senioren geeignet.