Der Widerspenstigen Zähmung
Flechten mit Weiden ist harte Arbeit

Für die Anfänger des Jahrgangs beginnt die zweite Unterrichtswoche. Alle Werkbänke sind inzwischen gefüllt mit dem passenden Werkzeug wie Korbmachermesser, Schere und Pfriem zum Festdrücken des Geflechts. Geschnitten wurden die Weiden schon vor zwei Jahren. Jetzt braucht man sie nur noch einzuweichen, je nach Dicke und Beschaffenheit bis zu einigen Stunden. Wer jemals einen Kurs im Fach Korbflechten belegt hat, weiß um die Faszination, die Weidenstöcke und Ruten als Werkstoff ausüben. Gerade weil das widerspenstige Material nicht ganz leicht zu verarbeiten ist, freut man sich über das Endergebnis. Sachgerecht hergestellte Ware ist überaus belastbar, hält Jahrzehnte, und ist somit ein Beitrag zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
In der Klasse stellen sich erste Erfolgserlebnisse ein. Die Schüler sind begeistert: „Ich find’s cool, dass wir hier nicht so viele sind. Da hat man einen besseren Kontakt. Die Lehrer bringen einem richtig was bei und sind nicht so streng. Man kommt sich vor wie in einer großen Familie“, findet Sarah Nürnberg (17 Jahre). Auch Elisabeth Kaaf (22) ist angetan: „Es gefällt mir, mit meinen Händen was herzustellen, was nicht nur in der Ecke rumsteht. Außerdem mag ich den natürlichen Werkstoff Weiden. Erst mal will ich viel lernen und kennen lernen. Dann kann ich mich selbständig machen oder anderen Leuten das Flechten beibringen.“
„Ich bin mit Leib und Seele Korbmacher“, bekennt sich Uwe Böker zu seiner Profession. Als Klassleiter für die Anfänger bewährt sich seine Einstellung, denn er überzeugt vor allem auch als Pädagoge. Geduldig erklärt er die entscheidenden Handgriffe, wenn nötig jedem Einzelnen, immer wieder, bringt den Schülern Respekt vor dem Material bei und Sachverstand. Die Praxis steht an der Flechtschule im Vordergrund. Neben dem Flechthandwerk wird u. a. Holz- und Metallverarbeitung unterrichtet, ferner Technisches Zeichnen, Fachrechnen und EDV. So bietet die Schule eine gute Grundlage für den Einstieg in den Design-Bereich, dem in Lichtenfels auch das „Innovationszentrum Lichtenfels – Marketing, Design und Technologie“ Rechnung trägt, an dem neue Produkte zur Reife gebracht werden.