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„Das ist die zweite Formation. Von der ersten bin da nur noch ich dabei.“ v. l. n. r.: Fredy Portscher (Schlagzeug), Richard Streber (Bass, Saxofon), Gerhard Steinl (Gitarre, Gesang) und Peter Obermaier im karierten Hemd (Keyboard, Akkordeon).

Dornröschenschlaf im „Paradies“
Früher als Tanzlokal eine Institution

Ist-Zustand im "Paradies"
Viel Laub, aber günstiges Mikroklima

„Ricks Café“ als Vorbild?
Interview mit Peter Obermaier

„Ricks Café“ als Vorbild?
Interview mit Peter Obermaier
Zart schmelzende Unterhaltung

So, wie Ex-Tornado Peter Obermaier, heute Personalrat im Marienkrankenhaus Amberg, das „Paradies“ beschreibt, könnte man direkt neidisch werden auf seine Erinnerungen an das einstige Tanzlokal. Gepflegte Unterhaltung hat dort stattgefunden wie sie vielleicht noch in dezentem Schwarz-weiß aus dem Filmklassiker „Casablanca“ zu uns herüberweht, zart schmelzend und mit süßen Tränen in den Augen.
SP: Wie lang hat es die „Tornados“ gegeben?
Obermaier: Bis 1995. Ich bin 1992 ausgestiegen, weil meine Frau damals schwer krank gewesen ist. Entstanden sind sie im Oktober 1963.
SP: Und wo haben Sie überall gespielt? In Amberg und Umgebung?
Obermaier: Genau. In der früheren Zeit war es ja leichter zu spielen, weil sehr viele Säle waren. Angefangen haben wir damals im Café Witzlhof, dann ist das „Lido“ in der Luitpoldhütte entstanden, ein riesenschönes Lokal. Dann waren wir im Gasthof „Zur Post“ in Haselmühl, im Café Fitzthum in Ebermannsdorf und rum Richtung Grafenwöhr, Freudenberg, Kemnath am Buchberg, Hohenkemnath, die andere Richtung wieder – so in diesem Kreis haben wir da rotiert das ganze Jahr.
Als in Amberg die „Tenne“ aufgemacht hat, sind wir sehr viel in der „Tenne“ gewesen und hauptsächlich im „Paradies“. Dort haben wir zwölf Jahre gespielt, in den 70er Jahren bis in die 80er.
SP: Und wie oft?
Obermaier: Im Jahr so circa vier bis fünf Monate. Immer ein Monat gespielt, ein Monat ausgesetzt oder zwei, und wieder einen Monat gespielt, jeden Samstag.
SP: Und was für eine Art von Musik war das?
Obermaier: Tanz und Unterhaltung, also mehr Tanz wie Unterhaltung.
SP: Schlager?
Obermaier: Schlager. Aktuell wie sie von der Hitparade rüber gekommen sind, so haben wir sie einstudiert. Das ist ja so verlangt worden vom Publikum, da wo wir gespielt haben. Freitag Abend oder Samstag ist die Hitparade gewesen und da hättest du ja am gleichen Samstag das Lied schon spielen sollen. Irgendwo haben wir einfach die Zeit dazu nicht gehabt.
SP: Welche Lieder waren das dann so?
Obermaier: Zum Beispiel „Marina“, ein hochaktuelles Lied. Über Jahrzehnte ist das eins von den aktuellsten geblieben. Da hast as so richtig vom Hocker reißen können.
SP: Von wem war das noch mal?
Obermaier: Des hat a Italiener gesungen. Genau, Rocco Granada. Der war des. Dann hat es viele Rock ´n Rolls geben, „Rock around the clock“ von Elvis Presley zum Beispiel…
SP: Sind Sie das hier auf dem Foto?
Obermaier: Hier, da bin ich. Am Vortag hab ich meinen BMW bei Eis und Schnee zu Schrott gefahren. Deshalb schau ich da a wenig verstört. Teilkasko – Glas- und Restwert hab ich gekriegt.
SP: Neuwagen?
Obermaier: Ja.
SP: Was war das Besondere am „Paradies“.
Obermaier: Das Besondere war die Freundlichkeit von den Gastleuten. Die waren top: Freundlich, nett und auch zuvorkommend. Die haben ein gewisses Flair drin gehabt, ein gewisses Ambiente, dazu die besten Mixgetränke in Amberg und Umgebung. Der Herr Auernheimer selber war ja in der Möhlkaserne draußen bei den Amerikanern beschäftig. Der war ja Chef der Clubs. Die amerikanischen Cocktails hat er dann auch bei sich droben im „Paradies“ gemixt. Die Leute sind da rauf. Das war im Nu, von Anfang an schon immer, die ganze Theke – die steht ja noch – belagert. Der hat da eine Cocktail-Karte gehabt, das war ein riesen Geheimnis. Das hat er auch nicht verraten, wie man das mixt. Das war ein Anziehungspunkt wegen der ganzen Atmosphäre. Wir haben da ja zwölf Jahre gespielt, und ich habe kein einziges Mal erlebt, dass da eine Streiterei entstanden wär oder Schlägerei – nie. Vom Outfit her: Die Leute, die sind da auch nicht rauf gegangen in Jeans et cetera, sondern eher schon im gepflegten Zwirn. Da war schon eher die gehobene Schicht oben, die anständige Schicht, und zwar fast immer die Gleichen. Auch unser Herr Daller, unser Vorstand, ist dort oben, als er noch nicht verheiratet war, viel verkehrt.
SP: Und wie alt war das Publikum so?
Obermaier: Für damalige Zeiten Mittelalter. Also die Jugend hast du nicht gefunden. Um die 20 bis 60, 65. Die haben auch noch gern getanzt und haben das genossen.
SP: Also sehr breit gestreut.
Obermaier: Ja, aber durchwegs ein nettes und gepflegtes Publikum. Es waren auch viele Amerikaner oben, aber auch wieder: Offiziersebene. Die haben gewusst, wie man sich verhalten soll.
SP: Gibt es so ein Lokal heute überhaupt noch?
Obermaier: Nein. Leider. Wenn es so was gäbe, würde ich mir unter Umständen überlegen, vielleicht so eine Barmusik. Kein Remmi-Demmi et cetera, sondern schöne, gemütliche Tanzmusik, Barmusik.
SP: Also eine richtig schöne, gediegene Bar, wo man auch mal in Ruhe einen Wein trinken kann...
Obermaier: So is es. Wo man gepflegt einmal zum Tanzen gehen kann, gepflegt sich unterhalten kann, Bekannte und Verwandte einladen kann: So, heut gehen wir mal zum Tanzen. Da war das „Pardies“ das non plus ultra.
SP: Also eigentlich eine Legende.
Obermaier: Ja, auf jeden Fall. Tolle Sache gewesen. Das war über Jahrzehnte das Top-Lokal in Amberg – Lokal und Bar. Die Ausstattung war nicht unbedingt das Teuerste, aber sehr gut gemixt. Das hat alles schön zusammengepasst.
SP: Der offene Kamin mit dem Relief von Helmut Raumberger, den hat es damals schon gegeben, oder? Das Relief, auf dem Eva Adam den Apfel anbietet…
Obermaier: Genau. Das war das Markenzeichen, der Hinweis, dass man jetzt im Paradies ist.
SP: Und Sie haben sich auch so gefühlt.
Obermaier: Ja. Echt wahr. Die Atmosphäre war ganz toll. Irgendwie hast dich da so richtig gemütlich daheim gefühlt, so bist behandelt worden. Wenn wir da rauf gekommen sind, der Wirt, hat uns mit Handschlag begrüßt. Woanders hams einen gar net angschaut. Aber da bist empfangen worden, dann hat er uns gleich eine Flasche Whiskey hergestellt mit vier Gläsern und Eiseimer et cetera, „wenns fei leer ist, kommts wieder“ und so…, also das war wirklich vom Feinsten. Das ist ewig schade, aber alles nimmt einmal ein Ende. Die Beatles haben sich ja auch aufgelöst.